Lincoln Continental und Mk. VII – vergessener Dieselbarock
Von ihren Schöpfern schnell verdrängt und vom Rest
der Welt sowieso niemals wahrgenommen, erblickten in den frühen
80er Jahren einige sehr interessante Diesel-Klassiker in den USA
das Licht der Welt. Ausgerechnet in den USA, möchte man sich
wundern, dem Land, das doch damals noch den unersättlichen
Straßenkreuzern verschrieben war. Die Bilder, die diesen Beitrag
illustrieren, haben wir im April 2004 auf der amerikanischen ebay-Seite
entdeckt: Zwei schlafende Diesel-Luxusschiffe, die im Alter von
genau 20 Jahren nun auf bessere Zeiten oder ihr Ende warten...
 Aber
ja doch, denn ausgerechnet die automobile Welt der USA erlebte damals
mit der Einführung des richtungsweisenden "CAFE"-Flottenverbrauchsgesetzes
eine ungeahnte Welle des "downsizing". In den 70er Jahren
drohten die Hersteller noch damit, daß sie aufgrund der neuen
Gesetze nur noch unzumutbare Kleinwagen anbieten dürften –
aber als sich abzeichnete, daß etwas sparsamere Autos eben
nicht mehr zu vermeiden waren, lenkte die Industrie ein. Das amerikanische
Auto wurde kleiner, effizienter und – man wagt es kaum, zu
sagen – in der Summe seiner Eigenschaften schlichtweg besser,
als es vorher der Fall war.
 Die
Beziehung des Amerikaners zum Diesel ist in der Regel von ausgeprägtem
Unmut und Haß geprägt. Noch 1997 kam in einem amerikanischen
Testbericht zum damals aktuellen Mercedes E300 Turbodiesel verständnislose
Verwunderung zum Ausdruck: Was, so fragten die Redakteure, ist schon
der Sinn eines Autos, dessen einziger Vorteil darin besteht, daß
es 700 Kilometer weit ohne Nachtanken fahren kann?
1984 ging allerdings selbst für einen Luxushersteller wie
die Ford-Division Lincoln kein Weg am Diesel vorbei. Denn nur ein
effizienter Selbstzünder unter der Motorhaube versprach, auch
einer nach dem Verständnis der 80er Jahre sehr großen
und schweren amerikanischen Limousine zu annehmbaren und CAFE-konformen
Verbrauchswerten zu verhelfen. General Motors hatte ähnliches
bereits seit 1979 praktiziert, als ein 5,7 Liter großer V8-Dieselmotor
unter die Haube diverser GM-Modelle wanderte. Ein Aggregat, das
zwar einen überlegenen Fahrkomfort versprach, aber leider so
liderlich konstruiert war, daß es den Ruf des Dieselmotors
in den USA für lange Zeit völlig ruinierte.
 Lincoln
ging wesentlich kleverer vor: Warum umständlich einen eigenen
Dieselmotor entwickeln, wozu eh kein ausreichendes Know-How vorhanden
war? Nach einigem Verhandlungsgeschick wanderte darum einfach der
damals neueste und fortschrittlichste PKW-Dieselmotor aus Deutschland
unter die Haube des Lincoln Continental und des Mark VII –
der Turbodiesel aus dem BMW 524td, für die Lincolns gefertigt
bei Steyr in Österreich!
(An dieser Stelle eine kleine Preisfrage: Was haben Lincoln und
Volga gemein? Beide sind irgendwann im Laufe ihrer Produktionszeit
mit bei Steyr gefertigten Dieselmotoren ausgeliefert worden!)
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Lincoln: Weltweit erster Turbodiesel mit Luftfederung....
Sowohl der 1982 präsentierte Lincoln Continental als auch
der 1983 nachfolgende Mark VII präsentierten sich als Amerikaner
der neuen Schule: Der schönen alten Tradition und dem berühmten
Straßenkreuzer-Luxus verschrieben, basierten beide Modelle
auf der vergleichsweise kompakten und modernen "Fox" Plattform
des Ford-Konzerns, die übrigens auch dem von 1979 bis 1993
gefertigten Ford Mustang als Basis diente. Während der viertürige
Continental noch ein bißchen unbeholfen gestylt daherkam,
wirkte vor allem der Mark VII formal wie aus einem Guß und
konnte sich Anfang der 80er definitiv zu den führenden Luxus-Coupés
auf dem Weltmarkt zählen.
 Eine
amerikanische Vollausstattung im Innenraum mit üppigen Velours-
oder Ledersesseln, vielen elektrischen Annehmlichkeiten und inklusive
futuristischen Goodies wie einer digitalen Armaturenanlage waren
angesagt. Der Lincoln Continental glänzte außerdem bei
seiner Einführung 1982 mit vier serienmäßigen Gasdruck-Stoßdämpfern
– als erster US-Serienwagen überhaupt! Außerdem
gab es vier Scheibenbremsen und ab 1984 ein Vierkanal-ABS als Sonderausstattung.
Damit war der Lincoln nicht nur der erste Amerikaner mit ABS, sondern
auch weltweit einer der ersten mit der fortschrittlicheren Vierkanal-Technik,
die auch für beide Hinterräder jeweils eine getrennte
Bremskraftregelung ermöglichte. Im gleichen Jahr überraschte
die Lincoln-Division außerdem mit einer Luftfederung. Die
Kombination Diesel mit Luftfederung dürfte sogar eine weltweite
Neuheit gewesen sein. Unseres Wissens gab es das erst mit Einführung
der Mercedes S-Klasse der Modellreihe W220 im Jahre 1998 wieder!
Weitere kleine Details, wie der weltweit erste automatisch abblendende
"elektrochromatische" Innenspiegel (ab 1983 als Extra
lieferbar) unterstrichen den führenden Anspruch der amerikanischen
Luxusklasse.
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....und erster Amerikaner mit ABS und Gasdruck-Stoßdämpfern

Leider begegneten die amerikanischen Autokäufer dem Dieselmotor
zwar mit einem gewissen Optimismus, aber gleichzeitig – vor
allem aufgrund des GM-Desasters – mit gehöriger Skepsis.
Natürlich konnte der für den kompakten 5er BMW entworfene
2.4 Liter Turbodiesel trotz der 115 PS in den schweren Lincoln-Karosserien
auch keine Bäume ausreißen. Der Achsantrieb der Diesel
war mit 3.73 nach amerikanischen Verhältnissen durchaus kurz
ausgelegt: Die V8-Modelle hatten stattdessen ein 3.08:1 übersetztes
Differential. Und auch sie litten seit den späten 70er Jahren
unter ausgeprägtem Leistungsmangel. Der im Continental normalerweise
angebotene 5.0 Liter V8 lieferte gerade mal 140 PS ab – ein
Verdienst der rigiden Abgas- und Verbrauchsgesetze und auch der
chronischen Unlust der Hersteller, diesen Gesetzen mit konstruktivem
Aufwand zu begegnen.
 Richtungsweisend
war allerdings mit Sicherheit der Komfort, den die amerikanischen
Diesel-Modelle ihrem Insassen boten. In dieser Hinsicht stellten
die Amerikaner nämlich traditionell ganz besonders hohe Ansprüche
an ihre Automobile. Darum dürfte im Innenraum des Lincoln kaum
etwas vom nagelnden Dieselmotor zu hören gewesen sein. Für
hohen Fahrkomfort sorgte das serienmäßige Viergang-Automaticgetriebe
(von ZF!) und auf Wunsch auch die bereits erwähnte, 1984 neu
eingeführte Luftfederung. Der auf dieser Seite oben abgebildete
Lincoln Continental scheint über dieses Extra zu verfügen
– nach langer Standzeit sinken die Federbälge zusammen
und der Wagen sinkt ab...
Der Continental war in der Lincoln-Modellreihe traditionell eine
Limousine mit vier Türen. Das Modell von 1982 bis 1987, das
auf der "Fox"-Plattform basierte, war in drei Ausstattungsvarianten
lieferbar: Abgesehen vom Basismodell gab es die Givenchy- und Valentino-Modelle,
die sich vor allem durch Zweifarblack und ausgesuchte Polsterstoffe
auszeichneten.
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Turbodiesel in Limousine und Coupé
 Der
Mark VII erschein ein Jahr nach dem Continental. Auf der gleichen
Plattform und mit der gleichen Technik bot er eine wohlgeformte
und fortschrittlich anzuschauende Coupé-Karosserie in der
Tradition der Lincoln "Mark" Serie. Im Vergleich zu den
vorherigen Modellen, die auf die 70er Jahre zurückgingen, stellten
sowohl der Continental als auch der Mark VII eine wahre Revolution
dar! Der Mark VII war als Basismodell sowie, in gewisser Analogie
zum Continental, als "Designer Series" lieferbar. Der
Giovanni Versace Designer Series glänzte mit einem edlen, eleganten
Leder-Interieur, während der Bill Blass Designer Series mit
seiner sehr üppigen Ausstattung eher dem amerikanischen Geschmack
der damaligen Zeit entsprach.
Die Kombination eines zweitürigen Coupés mit Dieselantrieb
sollte lange Jahre lang eine Rarität bleiben – Anfang
der 80er Jahre bot beispielsweise Mercedes mit dem 300CD, der ebenfalls
ausschließlich in den USA verkauft wurde, ähnliches.
Bis Anfang der 2000er Jahre blieb dann der Diesel in der Hauptsache
Limousinen und Kombis vorbehalten.
 Leider
konnten sich seinerzeit nur wenige Käufer für die Diesel-Option
erwärmen. Sowohl der Lincoln Continental Diesel als auch der
Mark VII Diesel wurden 1984 eingeführt und bereits 1985 wieder
eingestellt. Vielleicht 2000 Käufer konnten sich in der Zwischenzeit
für diese Wagen erwärmen; ins Ausland exportiert wurden
die Lincoln Diesel wohl gar nicht. Im Gegensatz zum GM V8 Diesel
erwies sich der Turbodiesel-Motor, der ja in Deutschland im BMW
zu einem durchschlagenden Erfolg wurde, auch in den Lincolns als
durchaus standfest. Wieviele dieser seltenen Modelle heute noch
existieren, ist uns leider nicht bekannt. Die beiden schlafenden
Schönheiten auf dieser Seite wurden 2004 auf ebay-USA gefunden.
|

In alten Prospekten in voller Schönheit:
1985er Lincoln Continental...
...und ein (optisch zum 1985er fast identischer)
Lincoln Mark VII von 1988

Technische Daten
Tja, die Tabellen sind noch höchst unvollständig...
wenn wir weitere Daten dazu finden, dann bauen wir sie hier umgehend
ein!
|
Fahrzeugtyp |
Lincoln Continental
Diesel |
Lincoln Mk. VII
Diesel |
Abmessungen |
Länge mm |
|
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Breite mm |
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Höhe mm |
|
|
Radstand mm |
|
|
Innenbreite vorn mm |
|
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Innenbreite hinten mm |
|
|
Innenhöhe vorn mm |
|
|
Innenhöhe hinten mm |
|
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Gewichte |
Leergewicht kg |
|
|
Zuladung kg |
|
|
Gesamtgewicht kg |
|
|
Leistungsgewicht leer/
mit 340 kg beladen kg/PS |
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Produktionszahlen |
Produktionsbeginn |
1984 |
1984 |
Produktionsende |
1985 |
1985 |
Stückzahl |
|
|
Antrieb |
Antriebsräder |
hinten |
hinten |
Motortyp |
BMW (Steyr) 2.4 TD |
BMW (Steyr) 2.4 TD |
Hubraum ccm |
|
|
Zylinder |
6 |
6 |
maximale Leistung PS |
115 |
115 |
bei U/min |
|
|
max. Drehmoment Nm |
|
|
bei U/min |
|
|
Antrieb |
Antriebsräder |
hinten |
hinten |
Getriebeart (Serienausstattung) |
4-Gang
Automatic |
4-Gang
Automatic |
Achsantrieb |
3.73 |
3,73 |
Übersetzung im obersten Gang |
1,00 |
1,00 |
Reifenformat |
|
|
Drehzahl bei 100 km/h |
|
|
Innengeräusch |
Leerlauf im Stand dB(A) |
|
|
bei 50 km/h |
|
|
bei 80 km/h |
|
|
bei 100 km/h |
|
|
bei 120 km/h |
|
|
bei 130 km/h |
|
|
bei 140 km/h |
|
|
Fahrleistungen (Werksangabe) |
0 bis 100 km/h |
|
|
Höchstgeschwindigkeit km/h |
|
|
Verbrauchswerte nach DIN
70030 |
l/100 km bei 90 km/h |
|
|
l/100 km bei 120 km/h |
|
|
l/100 km im Stadtverkehr |
|
|
Durchschnittsangabe (Reise) |
|
|
Testverbräuche |
|
|
Tankinhalt in Litern |
|
|
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|